Einfache und komplexe Stenteinlage
Wir möchten die verschiedenen Optionen der endoskopischen Stenteinlage in den Gallen- oder Pankreasgang im Rahmen einer ERCP beleuchten.
Grundsätzlich gibt es verschiedene Arten von Stents, die dann wieder in unterschiedlichen Längen und Stärken produziert werden. Man unterscheidet primär zwischen Plastik- und Metallstents, wobei letztere entweder mit einer Plastikschicht – englisch cover - überzogen sein können oder wie kardiologische Stents nur aus einem Metallgeflecht bestehen. Plastikstents und gecoverte Metallstents können endoskopisch wieder entfernt werden, wobei ungecoverte Metallstents normalerweise im Körper verbleiben und somit häufig bei bösartigen Diagnosen verwendet werden. Gerade präoperativ kann man durch einen Metallstent eine schnelle Normalisierung der Gelbfärbung des Patienten erreichen und somit eine frühzeitige und prognostisch günstige Operation ermöglichen.
Plastikstents benutzen wir häufig zur passageren Schienung, wie bei einer Gallengangsverletzung nach Entfernung der Gallenblase oder gutartigen Engstelle. Letztere werden meistens mittels Platzierung von mehreren Stents über einen Zeitraum von einem Jahr therapiert, wobei sie zur Vorbeugung einer Entzündung der Gallenwege – Cholangitis - alle drei Monate gewechselt werden sollten. Eine weitere Indikation ist die neoadjuvante Therapie bei einem Pankreaskarzinom. Insgesamt wird die chirurgische Resektion und Prognose durch die Stents nicht negativ beeinflusst.
Sollte es aufgrund der Tumorausdehnung, spezieller anatomischer Verhältnisse oder Voroperationen nicht möglich sein mittels konventioneller ERCP eine Drainage einzulegen, kann neuerdings eine endosonographisch gesteuerte Anlage einer Drainage vom Magen in die Gallenwege erfolgen – transgastrale biliäre Drainage. Wir sind eines der wenigen Zentren in der Schweiz, die diese neue Technik anbieten. Mittlerweile ist dieses hochinnovative Vorgehen auch in die Europäische Leitlinie aufgenommen worden.
Komplexe Stentanlagen im Rahmen der ERCP beziehen meistens den Leberpforte mit ein, wo der Gallengang in die Leber übergeht und sich weiter aufzweigt. Vor jeder Intervention wird eine ausführliche Diagnostik mittels Computertomographie und/oder MRI betrieben, um die Situation im Detail zu beurteilen. Bei Bedarf kann auch eine direkte visuelle Beurteilung mittels Spyglass erfolgen. Die Ergebnisse werden interdisziplinär besprochen und das weitere, individuelle und leitliniengerechte Vorgehen in Rücksprache mit dem Patienten festgelegt.
Sollte es sich um eine inoperable Situation handeln, da die Gallengänge schon zu sehr befallen sind, bieten wir mittels Radiofrequenzablation eine lokale Tumortherapie an, die in Studien ein verlängertes Überleben ergeben hat. Konventionell wird empfohlen zwei Metallstents so nebeneinander einzulegen, dass der rechte und linke Leberlappen durch die Papille in den Dünndarm abgeleitet werden. Bei dieser Technik kommt es häufig zu einem Stentverschluss durch Tumorinvasion. Für dieses Problem haben wir eine neue Strategie entwickelt, um einen komplikationslosen Galleabfluss langfristig zu ermöglichen. Diese besteht aus einer Kombination eines grosslumigen Stents, der den rechten Leberlappen drainiert und einer transgastralen Drainage des linken Leberlappens. Auf diese Weise existieren zwei unabhängige Abflusswege der Gallenflüssigkeit in den Magen und den Dünndarm. Insgesamt handelt es sich hierbei um Stents im Inneren des Körpers, damit ist keine Operation notwendig und es gibt keine störende Ableitung durch die Bauchdecke nach aussen. Die Körperintegrität und vor allen Dingen die Lebensqualität bleiben erhalten.
Mehrere Studien haben die transgastrale biliäre Drainage mit der konventionellen ERCP verglichen und bewertet. Hier hat sich gezeigt, dass es beim Vorgehen vom Magen aus zu weniger post-ERCP Pankreatitiden kommt und dass der Tumor seltener in den Stent einwächst, was zu weniger Komplikationen führt. Durch diesen transgastralen Zugang kann auch eine transgastrale ERCP mit einer sehr spezifischen und individuellen Tumortherapie erfolgen, sodass wir auch diese Technik separat diskutieren.
Sowohl internationale Studien als auch unsere eigene Erfahrung bestätigen diesen beschriebenen Vorteil, was für unsere Patienten langfristig einen deutlichen Vorteil bietet. Gerne können wir die verschiedenen Optionen in der Sprechstunde oder einer Endosonographie diskutieren.